Montag, 28. November 2016

Nicht dein Tag oder warum Murphy niemals Feierabend hat....



Das kennt ja nun wirklich jeder, wenn irgendwie alles gegen einen ist..Kommt vor. Hochnormal.  Aber kann das jemand so konsequent wie ich? Ich nehme mal so einen Tag, der einfach nicht mein Tag ist: "Dann fang mal an..."würde Bruce Darnell beim Supertalent sagen.
Es soll ein durchorganisierter Tag werden: Einer, an dem einfach mal alles läuft, an dem ich alles so gut vorbereitet habe, dass einfach alles mal reibungslos läuft. LÄUFT. Schon abends tue ich etwas, das ich mehr als selten tue. Ich schaue mir die Wettervorhersage an, um mir im Anschluss schon Gedanken über die alles entscheidende Frage am Morgen zu machen: "WAS ZIEHE ICH AN?" Damit kann ich ja normaler Weise schon Stunden verbringen und muss dementsprechend Zeit einplanen. Diese Zeit könnte ich aber nutzen, indem ich einfach noch ein bisschen länger schlafe. Also: Guter Plan.
Ich lege mir die Klammotten schon so zurecht, dass ich wirklich einfach nur noch reinschlüpfen muss. Clothing to go sozusagen. Easy.
Ich habe eine total schlechte Nacht, irgendwie ist wohl Vollmond oder so etwas und ich kann einfach nicht schlafen. Dann am Morgen der Wecker: Ach du Scheiße. Ich hasse dieses Geräusch, ich kloppe noch gefühlte 10 Mal auf sie Snooze-Taste, um die Kulpen noch je 10 Minuten wieder schließen zu können. In der Zeit hätte ich mich natürlich auch mit der "Alles Entscheidenden" befassen können. Aber gut, stellen wir uns mal vor, ich hätte schlecht geschlafen UND die Alles Entscheidende noch nicht vorbereitet. Alptraum. Trotzdem bin ich total müde. Noch im Halbschlaf, als ich um 8 statt um 7 aufstehe. Na, großartig. Ich quäle mich aus dem Bett oder der Hund, der ja eine Katze ist, quält mich raus, weil er Knaster hat.
Ok- aufstehen....Schlaftrunken wankele ich in die Küche - und tscchrrrrrt....was ist das Weiches unter meinem Fuß? Die Katz hat gekotzt und ich steh mitten drin. Herzlichen Glückwunsch. Naja, wenigstens bin ich jetzt wach. Also wirklich wach.
Schnell ins Bad, das Erbrochene eliminieren. Und? Was soll ich sagen? Das Wasser ist abgestellt. DIe haben doch tatsächlich und allen Ernstes das Wasser abgestellt, ohne die Bewohner vorher zu informieren. Was ist das denn? Gut, dass wir stolze Eigentümer eines Soda Streams sind, den ich abends vorbereitet hatte, so dass ich mich mit dem bisschen MIneralwasser waschen kann. Naja, waschen - sagen wir : ich benetze meine Haut mit Feuchtigkeit. Ich kann ja schlecht darauf warten, dass das Wasser irgendwann wieder angestellt wird, ich  bin eh schon zu spät dran, was weiß denn ich, wann die fertig werden. Ich muss ja pünktlich zur Arbeit.
Das Tier abfüttern, ein bisschen durchschmusen und dann ins Bad....Auf die Personenwaage. Das ist so ein Kontrollzwang, den ich nicht erklären kann, er nutzt eh nichts, das weiß keiner so genau ,warum Frauen sowas unentwegt tun. Meine Waage grinst mich an: Bitte nur einzeln auftreten. Na, danke fürs Gespräch und ich soll jetzt das kurze Kleid,  das ich mir rausgelegt hatte, anziehen? OK, ich hab es so entschieden, also mache ich es auch. Da ich aber im Kopf diese fiesen Worte meiner Waage habe, ziehe ich es natürlich doch wieder aus, nachdem ich mich 21 mal im Spielgel von vorn und hinten angesehen und schlussendlich eine Münze geworfen habe: "Sollst du dieses Kleid anziehen? - Nein, sollst du nicht. AUF KEINEN FALL." Tolle Wurst. Jetzt geht sie los, die Odyssee jeden Morgens, warum hab ich mir eigentlich die Klammotten zurecht gelegt? Gottseidank hab ich immer einen Plan B und finde, nachdem ich das Bett mit allen Versuchen übersät habe, Reisverschlüsse zersört habe, Farben gehasst, Jahre später, auch eine Alternative. Trotzdem: Irgendwie fühle ich mich, wie Tine Wittler auf Kortison.
Aber: Ich bin angezogen. Das ist ja schon mal was.
Wider Erwarten ist noch etwas Zeit und wenn ich mich schon fühle, wie ne Qualle in Aspik, dann will ich wenigstens die Haare schön haben. Glätteisen. Sehr fein. In akribischer Feinstarbeit glätte ich meine Haare. Na, geht doch. Ich fühl mich jetzt schon ein bisschen besser. Es dauert echt lange, bis meine langen Haare glatt sind, da sie naturgelockt sind, aber jetzt sind sie glatt und ich fühle mich ganz gut. Noch liegt mir ja der Tag zu Füßen....
Ich verlasse das Haus. Und was soll ich sagen, in dem Moment, also wirklich zur Sekunde, als ich runtergehe, fängt es an, zu regnen. Es regnet auch nicht einfach nur so...Es regnet gegen mich. Gegen mich heißt, es regnet so, wie in der Truman Show, egal wo ich stehe, oder wohin ich ausweiche, exakt dorthin prasselt es wie aus Eimern. Bis ich im Auto sitze, bin ich nass und meine Haare sind wieder lockig. Wozu habe ich die geglättet stundenlang??? Naja, was soll's...Ich will losfahren. Eine Mitbewohnerin blockiert die Ausfahrt und es ist keine Spur von ihr. Ich kann also nur warten. Warten auf Godot. Oder so. Was ein Start in den Tag.
Ich komme zu spät zur Arbeit. Nicht sehr, aber zu spät ist zu spät. Glücklicher Weise ist niemand streng mit mir ob dessen.
Dann kommt ein Kompliment meiner Kollegin. Es ist das Kompliment schlechthin, das Kompliment des Jahres. Als ich reinkomme, sagt sie: Wow, Cordula, du siehst total toll aus, in deinem Outfit, wirlich so richtig toll, ganz ganz toll, und noch während ich denke "na, dann hat sich der Aufwand ja gelohnt", fügt sie hinzu: "Du siehst FAST so aus, als ob du schlank wärst...."
WHAT? Da war sie wieder, die Bridget Jones, die auf der Familienfeier und auch sonst einfach nur ablost.
Aber gut, kann ja nur noch besser werden. Als ich mich bücke, um mein Handy aus der Tasche zu holen, sehe ich, dass ich zwei verschiedene Stiefel anhabe. Und eine Riesenlaufmasche, die eindeutig darauf hinweist, dass sie schon am Poppes losgeht. Oh Gott, wie peinlich.
Der Arbeitstag ist unspektakulär, bis auf eine nicht funktionierende Frankiermaschine, die mich viel Zeit und Nerven kostet. Und die Stiefel. Und die Laufmasche. Und das Fast-Aussehen, als sei man schlank (unausgesprochener Nebensatz -"weil man ja eigentlich dick ist".....)  Irgendwie habe ich echt Respekt vor der Macht dieses Tages und entscheide, früh Feierabend zu machen. Besser ist das, wer weiß, was noch passiert: Dass ich mich mit meinem Mädchennamen melde, am Telefon oder den Chef versehentlich duze, manchmal ist es einfach besser, zu wissen, wann man gehen sollte. Also gehe ich früh. Ich hab auch noch genug zu tun, zuhaus.
Zuhause kann ja auch irgendwie nicht so viel passieren, oder? ODER?
Ich habe die  grandioseste Idee ever: Ich werde jetzt unseren Flug buchen, für unseren Urlaub 2017. Gott, wie ich mich darauf freue. Unterkunft ist schon gebucht, Urlaub ist genehmigt, zack, da kann man doch mal was tun, was einen hochbringt.
Internet. Ich fahre den Rechner hoch...Aufgeregt vor Vorfreude. Mitten in der Buchung sagt mir der Kasten, dass ich ja lange kein Update gemacht habe, und er jetzt mal gar nichts mehr macht für mich. "Hey, du Vogel, hast  du dich mit der Waage abgesprochen? Ihr sabotiert mich! BEIDE!"
Ich mache dir Balkontür auf und lüfte mal durch. Inzwischen läuft immerhin das Wasser wieder und ich kann mir einen Kaffee kochen. Das wird helfen.
Keine Milch mehr da...aaaagggghhhhhhh......Warum hab ich daran nicht gedacht?? Ich stehle die Milch der Katze, die KATZENMILCH - und bevor ihr jetzt alle euer Befremden äußert: DIe kann man auch als Mensch trinken, die ist einfach nur Laktosefrei. Damit die Katz keinen Durchfall bekommt. Gut, wenigstens kann ich keinen Durchfall bekommen, ich fange an, mich über die kleinsten voraussichtlichen Highlights zu freuen.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkehre, höre ich die Katze schreien (und die kann wirklich richtig schreien). Sie ist ausgebüchst und sitzt auf dem Dach und heult. Wie konnte es dazu kommen? Wir haben alles so gut abgesichert, dass sie zwar rauskommt, aber nicht wieder rein. Läuft. Ich pflücke das Tier vom Dach, verdrehe mir dabei den Arm und gehe zurück an den Rechner. Balkontür zu. Wenigstens hat sich der Rechner mittlerweile beruhigt und ich komme ins Netz. Und auf die Seite dieses Anbieters (ganz seriös, so sagt man).
Ich gebe alles ein, Personendaten, Flugdaten, Kreditkartennummer, eben alles. Und klicke dann auf "kaufen". Das Ding reagiert nicht. Normalerweise müsste doch jetzt ein Fenster aufgehen, mit dem, was als nächstes zu tun ist. Geht aber nicht. Gar nichts geht. Gut, hängt er wohl wieder. Ich klicke nochmal auf kaufen und nochmal und nochmal. Irgendwann denk ich "hmh, und wenn du jetzt doch gekauft hast? Dann hast du gerade dein Kreditkartenlimit überschritten und trotzdem noch keinen Flug. Ach, wie slight waren doch die Probleme mit den zu engen Klammotten, den verkehrten Stiefeln und den nach hinten losgegangenen Komplimenten. Und dem Regen. Und der Frise. Und dem Wasser. Riecht eh keiner mehr, dass du stinkst."
Nicht.Mein.Tag.
Aber er ist noch nicht zuende. Ich rufe da an.....OMG, das ist irgendwie in Belgien oder Holland oder Usbekistan. Es meldet sich ein Franzose mit gebrochenem Englisch. Gut, dann fällt ja mein nicht perfektes Englisch auch nicht weiter auf. Ich muss nun schildern, was passiert ist. Auf Englisch. Und ich muss meine komplizierte mail-Adresse durchgeben. Und buchstabieren. Rafft der das? Er wiederholt sie nicht , sagt aber , alles ist gut. Es würde aber natürlich schon zu diesem Tag passen, dass ich 5x einen Flug gebucht habe, und auch bezahlen muss, den ich nie antreten darf. Ich krieg die Mommsen.
Seitdem checke ich übrigens bis heute täglich mein Kreditkartenkonto. Bisher ist alles sauber. Meine Nichtbuchung in Gottes Gehörgang.
Ich buche also bei Germanwings direkt. Funzt. Schauen wir mal, wieviele Leute ich dann noch mitnehmen kann, nach Kreta, im Sommer 2017.
Eigentlich mag ich das Haus gar nicht mehr verlassen heute....Aber ich muss. Ich brauche noch Katzenfutter und Toilettenpapier. Hätte ich daran nicht gedacht, wäre das nächste Desaster vorprogrammiert: Auf der Toilette sitzen und kein Toilettenpapier haben. Fehlt noch.
Jetzt muss ich ja aber erstmal was anders anziehen.  Die Klammotte, in der ich FAST so aussehe, als sei ich schlank, lass ich natürlich an. Aber die Schuhe. Ich brauche ja nun andere Schuhe, also im günstigsten Fall zwei gleiche. Kriegen wir hin. Einfach mal konzentrieren.
Hab ich doch so schöne Stiefeletten geschossen, ja , bei Lidl...Online. DIe sind richtig schick und trotz ihres echt hohen Absatzes sehr bequem. Nehmen wir. Und GO: Einkaufen, passt alles, außer dass ich natürlich auch keinen Cent in der Tasche habe, aber darüber wollen wir uns jetzt mal wirklich nicht aufregen im Zeitalter der EC- und Kreditkarten. Wenn mein Konto nicht wegen 3000 Euro Fllugbuchugnskosten gesperrt ist, sollte das ja kein Problem sein.
OK. Einkauf unfallfrei hinbekommen. Nach haus. ist schon dunkel. Wir haben quasi Winter.
Ich komme nach Hause....Es ist relativ spät für so einen Tag und ich bin sicher, dass so viel jetzt icht mehr passieren kann. Aus dem Auto. Natürlich habe ich deutlich mehr eingekauft, als ich eigentlich wollte. Auch hochormal.
Und dann steht da tatsächlich einer am Straßenrand und fragt mich: "Möchten Sie Zeuge Jehovas werden?"
Was bitte soll ich dazu sagen? "Tut mir leid, ich hab den Unfall gar nicht gesehen."? Ignorieren.
Sämtliche Tüten und Taschen baumeln an meinem Arm. Ich steige aus...Laufe los. Und da ist es - dieses fiese fiese fiese Bodengitter, dass mich angreift. Nichtsahnend und strammen Schrittes bleibe ich mit meinem rechten High Heel Stiletto im Gitter stecken. Whhhhahaaaaa!  Ich rackele mit dem Fuß rauf und runter, nichts aber auch gar nichts bewegt sich. Ich stelle meine Handtasche ab um einen Schritt nach vorn zu machen, mit dem freien Fuß - und - zack - bleibt der auch noch stecken. Und da steckt sie nun, die Cordula, beide Stilettofüße mit einem fast schlank aussehenden Körper im Gitter am Boden und es geht nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Ich bin kurz davor, zu schreien. Ich muss zugeben, man hätte jetzt auch drauf kommen können, einfach die Schuhe auszuziehen, aber ich seh auch nix. Stattdessen hüpfe ich hoch, das Gitter an beiden Füßen und robbe mich irgendwie springend zum Hauseingang. Denn dort erwartet mich wenigstens der Bewegungsmelder: Es werde Licht. Es ward Licht, aber die Schuhe kamen einfach nicht aus dem Gitter. Dann zieh ich die Schuhe aus und gehe mit den im Gitter steckenden Schuhen hoch. Und prokele sie raus. Eine Stunde. Schuhe kaputt. Ich werfe sie in die Ecke und stelle fest , dass es Zeit ist, sich auf den neuen Tag vorzubereiten: Tagesschau sehen, Wettervorhersage schauen und Klamotten rauslegen. In denen ich aussehe, als sei ich schlank, mit passenden Schuhen und OHNE Laufmasche.
ich höre ein Piepsen in der Wohnung. Ein Vogel? Was ist das? Oh man, der arme Vogel, hat die Katze einen reingeschleppt von ihrem Ausflug auf das Dach? Wo ist der jetzt? Ich muss ihn retten...Ich durchsuche die ganze Wohnung. Unterm Sofa, unterm Bett, in der Waschmaschine, eben überall. Nach einer Stunde stelle ich fest, dass es kein Vogel ist, sondern die Batterie des Rauchmelders, die leer ist. Tag gerettet?
Aber es gibt noch was zum Freuen: Mein Mann hat ja wieder vorgekocht für mich. Großartig. Wenn ich ja eh nur maximal so aussehe, als sei ich schlank, kann ich jetzt auh noch von dem leckeren Essen essen. Ops, nein, kann ich nicht. Ich hatte es morgens mit zur Arbeit genommen und dort liegt es auch noch. Im Kühlschrank. Auf der Arbeit. Ganz allein.
Ich  beschließe, auch wenn ich es hasse, mir nochmal die Haare zu waschen, zu föhnen, zu glätten, in der Hoffnung, dass es morgen einfach mal nicht regnet.
Im Bad: Es ist 20:45 Uhr. Jetzt kann nichts mehr passieren. Es geht einfach nicht. Murphy hin, Murphy her, irgendwann ist mal zappo.
Ich bin fast fertig und sicher, morgen wird ein besserer Tag. Das Handy klingelt. Mein Mann. Gut. Jetzt kann ich von meinem Tag erzählen. Ich gehe ran, das Smartphone fällt mir aus der Hand und landet, wie der Nutellatoast natürlich auf dem Display. Ich höre noch, wie mein Mann ruft: "Was ist passiert?"
Ja, was ist passiert? Ich hab eine neue App. Die Spider-App. Sieht schick aus. Fast so frisselig, wie meine Haare, die ich jetzt auch keinen Bock mehr hab, zu föhnen.
Und ich schwöre: Nie wieder nehme ich mir vor, alles perfekt vorbereiten zu können. es geht eh in die Hose. Wenn Murphy meint, er muss dich latzen, dann tut er das. Wenn es ein Tag ist, an dem du einfach Scheiße aussehen sollst, dann ist der so, wenn du stecken bleiben sollst im ganzen Tag, dann bleibst du stecken. Es ist wie es ist. Und ich wette, wenn ich jetzt den Blogspot poste, geht sogar das schief. Und ich wette, ich kriege trotzdem Durchfall. Trotz Katzenmilch.
Manchmal.Einfach.Nicht.Dein.Tag.
Gruß an Murphy.